Schreiben als Selbstthematisierung. Eine Analyse der gegenwartsbezogenen Themenwandlung in Christa Wolfs 'Kindheitsmuster', 'Kein Ort. Nirgends' und 'Kassandra'

Bok av Hee-Jeong Ham
Das vorliegende Buch "Schreiben als Selbstthematisierung - Eine Analyse der gegenwartsbezogenen Themenwandlung in Christa Wolfs Kindheitsmuster, Kein Ort. Nirgends und Kassandra" untersucht die Wandlung der Christa Wolf interessierenden geschichtlichen Epochen und historischen Gestalten, deren Beweggrnde, Verhaltensweisen und Handlungen in bestimmten Situationen im Spannungsverhltnis ihres Selbstverstndnisses als Schriftstellerin und der politischgesellschaftlichen Realitt nicht nur der DDR - dort insbesondere in den Jahren vor und nach der Ausbrgerung Biermanns im Jahr 1976 -, sondern auch des durch den Nato-Doppelbeschlu sich zuspitzenden Ost-West-Konflikts an Hand der drei im Titel der Arbeit aufgefhrten Werke aus diesem Zeitraum. In ihrer eigenen Kindheit entdeckt Christa Wolf - fr sie dient Schreiben hauptschlich der Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis - anerzogene Muster, die sich verfestigend zu Charaktereigenschaften formen und analog die Einstellungen, Emotionen, Verhaltensweisen aller Menschen prgen. In Kindheitsmuster wendet sie sich dieser Thematik zu und schildert an einer Mutter-Tochter-Beziehung einen durch Erziehung entstehenden, sich zu Hierarchien und Autoritten hingezogen fhlenden Charakter. Die Komplexitt und die ber lange Zeitrume sich erstreckende Persnlichkeitsbildung entlarvt das propagandistisch platt verkndete Selbstbild der DDR als vorbildlich antifaschistische Gesellschaft als Gerede und Selbsttuschung. Nach der Biermannausbrgerung wuchs der Druck der DDR-Fhrung auf Knstler, konform zu jeder Staatsvorgabe zu wirken und zu handeln. Christa Wolf sieht sich in eine Auenseiterrolle und in einen Konflikt mit der Gesellschaft gedrngt. In Kein Ort. Nirgends geht sie dem Einflu einer solchen Situation, eingebettet in die Zeit des Frhkapitalismus und der Romantik, auf Leben und Werk zweier historischer Schriftsteller - Kleist und Gnderrode - nach. Die Anfang der 80er Jahre deutlich wahrgenommene atomare Bedrohung der Menschheit und Biosphre veranlat Christa Wolf, den Ursprngen der Gewaltspirale - der Automatik von Gewalt, Gegengewalt und Aufrstung -, der eher Mnner zu erliegen scheinen, nachzugehen; sie findet im mythischen Kassandra-Stoff, angesiedelt am bergang von eher matriarchalischen zu patriarchalischen Gesellschaftsformen, ein Modell, an dem nichts heroisch oder mythologisch ist, und an dem sie zeigt, wie durch Manipulation der Sprache Emotionen geweckt, Handlungen gesteuert, die Wirklichkeit umgewertet, zurechtgebogen wird, alles im Dienste, Herrschaft und Vorteilnahme zu stabilisieren und durchzusetzen.